Auszug aus Unschuldig / Kapitel 2:
Sie folgte dem Lichtkegel ihres Fahrrades, vorbei an leeren Feldern, einem Bauernhof und entlang des Ems-Jade-Kanals. In der Nähe der Autobahn führte eine kleine Brücke über den Kanal. Von hier ab gab es zwei mögliche Wege zum See. Der eine führte über eine asphaltierte Straße zum großen Besucherparkplatz, der andere über einen schmalen, holprigen Kiesweg direkt an der anderen Seite des Kanals entlang. Tanja hielt auf der Brücke an und schaute auf ihre Armbanduhr. Verdammt, ist das schon spät. Der Kiesweg ist auf jeden Fall der kürzere Weg zum Grillplatz. Ein flaues Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit, wurde aber schließlich von ihrer Ungeduld überlagert. Der dunkle, schmale Weg bereitete ihr zwar Unbehagen, aber sie wollte auch keine Sekunde länger auf ihr erstes Treffen mit David warten.
Sie bog daher, gleich nachdem sie die Brücke überquert hatte, in den schmalen Kiesweg ein. Auf dem mit Schlaglöchern übersäten Weg kam sie nur sehr langsam voran. Immer wieder schaute sie sich hektisch in der Dunkelheit um. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und beim Atmen fühlte sie einen stechenden Schmerz in ihrer Brust. So aufgeregt wie jetzt war sie in ihrem ganzen Leben noch nicht gewesen. Hoffentlich ist er schon da. Ob er in Wirklichkeit genauso gut aussieht, wie auf den Fotos?
Sander See (Foto: Thorsten Siemens)
Auszug aus Unschuldig / Kapitel 2
Es war eine sternenklare Novembernacht und Tanja konnte deutlich den großen Wagen am Firmament erkennen. Sie liebte es die Sterne zu beobachten, doch heute schenkte sie den leuchtenden Himmelskörpern nur einen flüchtigen Blick. Sie durchquerte das benachbarte Industriegebiet und fuhr dann eine ganze Zeit lang auf den beleuchteten Hauptstraßen, ehe sie im Neubaugebiet auf einen langen und unbeleuchteten Feldweg abbog, der direkt zum Sander See führte. Hier wollte David sich mit ihr treffen und ihr als aller Erster zum Geburtstag gratulieren.