Hedda nickte, hakte sich wieder bei Gesa unter und ging mit ihr zurück zu den Dünen. Auf dem Rückweg zu Gesas Elternhaus, kamen sie noch am Meerwasserhallenbad und dem ausgestellten Rettungsschiff Langeoog vorbei. »Wofür braucht ihr denn ein Hallenbad auf der Insel?«, fragte Hedda ungläubig.
»Nun ja, die Touristen brauchen auch bei schlechtem Wetter eine Anlaufstelle«, erklärte Gesa. »Oder hättest du bei diesen Temperaturen etwa Lust, in der Nordsee zu baden?«
Bei dem Gedanken an das eiskalte Wasser schüttelte es Heddas ganzen Körper. »Ne, danke!«, winkte sie ab.
(Foto: Thorsten Siemens)
Ohne sich umzusehen, machte Hedda einen Schritt auf die Straße. Im letzten Moment hielt Gesa sie am Jackenärmel fest und zog sie ruckartig zurück auf den Bürgersteig. Um ein Haar wäre Hedda direkt vor einen Lieferwagen der Deutschen Post gelaufen.
Ungläubig und mit klopfendem Herzen schaute Hedda dem gelben Fahrzeug hinterher. »Ich dachte, auf der Insel gibt es keine Autos?«
»Nun ja, ein paar Elektrofahrzeuge gibt es schon. Die sind nur so verdammt leise, dass man sie kaum hört. Man muss sich also unbedingt angewöhnen, trotzdem zu gucken, bevor man über die Straße geht.«
(Foto: Thorsten Siemens)
»Ist das ein Leuchtturm?«, fragte Hedda.
»Nein, das ist der Wasserturm, das Wahrzeichen von Langeoog«, lachte Gesa. »Wollen wir mal rauf gehen?«, fragte sie. »Von da oben hat man einen unbeschreiblichen 360°-Grad-Panoramablick.« Sie schnappte Hedda bei der Hand und zog sie zu den Treppenstufen, die zum Wasserturm hinaufführen.
Hedda fielen sofort die vielen bunten Vorhängeschlösser ins Auge, die überall an dem metallischen Treppengeländer befestigt waren. »Das ist ja wie auf der Hohenzollernbrücke in Köln«, stellte sie fest, nahm ein besonders schönes Stück in die Hand und las die darauf geschriebenen Namen sowie das Datum. Cathrin und Thorsten, 05.09.2009, ob die wohl noch verheiratet sind?, fragte sie sich.
(Foto: Thorsten Siemens)
»Nein.« Gesa schüttelte den Kopf. »Die Nordsee ist salzig, da sie eine recht breite Verbindung zu den Ozeanen hat. Wir gewinnen unser Trinkwasser aus einer Süßwasserlinse, die sich unter den Dünen gebildet hat. Das Regenwasser ist dort versickert und hat das unter der Insel befindliche Salzwasser verdrängt, da es leichter ist und wie eine Art Fettauge auf dem schwereren Salzwasser schwimmt.«
»Das vermischt sich nicht miteinander?«, fragte Hedda ungläubig.
»Nein«, bestätigte Gesa. »Im alten Wasserwerk gibt es dazu ein tolles Experiment. Das zeige ich dir bei nächster Gelegenheit noch.
(Foto: Thorsten Siemens)
Als auch er endlich auf dem Bahnsteig stand, schaute er sich sofort hektisch um. Er wusste nicht, in welche Richtung sie gegangen waren. Unsicher entschied er sich für eine Seite und rannte die Straße entlang. Immer wieder schaute er sich um, blickte in die Gassen und Seitenstraßen hinein, aber die gesuchte Person schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Als er sich gerade mit dem Gedanken arrangieren wollte, am Bahnhof die falsche Richtung ausgewählt zu haben, sah er die Begleitperson, die er für den Ehemann seines Zielobjektes hielt, gerade in einem Haus verschwinden und die Tür hinter sich zu ziehen.
(Foto: Thorsten Siemens)
Nach einigen Metern fiel Hedda ein Wegweiser auf, der ihr nicht nur die Richtung zum nahegelegenen Wattenmeer, sondern auch die Entfernung zum Great Barrier Reef, dem Grand Canyon und den Rocky Mountains anzeigte. Hedda fand es eine coole Idee, den Touristen auf diese Art vor Augen zu führen, dass es sich bei allen vier Orten um UNESCO-Weltnaturerbestätten handelte. Denn im Vergleich mit den anderen drei Naturwundern, wirkte das Wattenmeer auf den ersten Blick doch eher unscheinbar. Um seine Einzigartigkeit tatsächlich zu erkennen, muss man wirklich schon etwas genauer hinsehen. Das Wattenmeer ist quasi das Aschenputtel der Weltnaturerben, dachte Hedda schmunzelnd.
(Foto: Thorsten Siemens)