1. Kapitel
Ein neuer (tiefer) Fall
04. August
Hedda und Enno hatten vor wenigen Tagen ihre Ermittlungen in Weener abgeschlossen und bereiteten sich auf ihre bevorstehende Rückkehr nach Wilhelmshaven vor. Hedda freute sich darauf, weiter an ihrem vierten Kriminalroman zu arbeiten, der 2023 veröffentlicht werden sollte, während Enno es kaum erwarten konnte, seine Streetworker-Kollegen und die Jugendlichen endlich wiederzusehen. »Gehst du bitte noch mit Rocky um den Block? Es wäre gut, wenn er noch einmal rauskommt, bevor wir gleich die Heimreise nach Wilhelmshaven antreten«, bat Enno seine Frau. »Na klar«, antwortete Hedda, nahm die Leine zur Hand und kniete sich nieder, um diese an dem bereits antrabenden Schäferhund zu befestigen. »Und für unterwegs packe ich noch ein paar Leckerchen ein«, sagte sie, während sie ihrem Hund den Hals kraulte. »Das hat sich unser genialer Ermittler wahrlich verdient. Ohne ihn hätten wir unseren letzten Fall vielleicht nie gelöst.« Nur eine Stunde später stand Hedda neben dem gemieteten Kastenwagen. Enno saß bereits hinter dem Steuer. Sie streckte ihren Kopf durch die heruntergelassene Scheibe und gab ihrem Mann einen Kuss. »Fahr bitte vorsichtig!« »Mach ich. Du aber bitte auch«, entgegnete Enno und warf einen flüchtigen Blick zu seinem Polo hinüber, mit dem Hedda zurückfahren würde. Ihr neues Familienmitglied saß bereits auf der Rückbank und hechelte aufgeregt vor sich hin. »Ich hoffe nur, Rocky verkraftet den ständigen Wohnungswechsel. Bei zukünftigen Ermittlungen wird er ja immer wieder mit uns ›umziehen‹ müssen.« Auch Hedda drehte ihren Kopf so, dass sie einen Blick auf den treuen Vierbeiner werfen konnte. »Unser Rocky ist Profi. Der packt das schon«, sagte sie voller Zuversicht. »Außerdem wird es ja sicher einige Monate dauern, bis wir einen neuen Fall bekommen.« Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, klingelte ihr Smartphone. »Es ist Jörg«, stellte sie überrascht fest. »So viel zum Thema ›Der nächste Fall kommt sicher erst in einigen Monaten‹. Und dabei sind wir noch nicht einmal zu Hause angekom- men.« Enno rang sich ein bitteres Lächeln ab. Nicht nur Rocky zuliebe hätte er sich eine kleine Ermittlungspause gewünscht. »Jörg, was gibt es?«, nahm Hedda das Gespräch entgegen. »Moin Hedda, wie geht es euch? Seid ihr schon auf dem Rückweg nach Wilhelmshaven?«, wollte Jörg, der Leiter der Geheimeinheit, für die Hedda und Enno ermittelten, wissen. »Wir wollten gerade losfahren. Was gibt es denn? Ist etwas passiert? Ein politisch brisanter Mord oder so?« Jörg lachte, klang aber gleichzeitig auch ein wenig angespannt. »Du kommst gleich zur Sache, was?« »Du kennst mich doch«, entgegnete Hedda und schaute dabei Enno achselzuckend an. Dann bat sie den Geheimdienstleiter kurz zu warten, damit sie sich zu Enno in den Kastenwagen setzen konnte. Kaum hatte sie die Beifahrertür hinter sich zugezogen, aktivierte sie die Freisprechfunktion an ihrem Handy. »Moin Jörg«, begrüßte jetzt auch Enno seinen Vorgesetzten. Der Geheimdienstleiter erwiderte den Gruß, dann kam er direkt zum Punkt. »Streng genommen habe ich dieses Mal keinen Auftrag für euch. Ich möchte euch vielmehr bitten, mir einen kleinen persönlichen Gefallen zu tun.« Dabei war ihm jedoch deutlich anzuhören, dass es um viel mehr ging, als ihm beim nächsten Einkauf eine Kiste Bier oder eine Packung Eier mitzubringen. Hedda und Enno tauschten einen verwunderten Blick. »Was für einen Gefallen?«, echoten sie, wie sie es zuvor schon viele Male getan hatten, und mussten aufgrund ihrer Synchronität beide grinsen. »Erinnert ihr euch noch an Rebecca?« Während Enno nachdenklich die Stirn in Falten legte, antwortete Hedda, ohne zu zögern. Sie konnte sich noch gut an die Nichte von Jörgs Lebensgefährtin Rita erinnern. »Die haben wir doch Anfang des Jahres auf deinem sechzigsten Geburtstag kennengelernt.« »Ganz genau die«, bestätigte der Geheimdienstleiter. »Ist euch vielleicht auch aufgefallen, dass sie damals etwas zurückhaltend und abwesend gewirkt hat?« Jetzt kam auch bei Enno die Erinnerung zurück. Ihm war die hübsche junge Frau, die meist alleine in der Gegend herumgestanden und bedrückt dreinschauend an ihrem Getränk genippt hatte, durchaus aufgefallen. Da aber neben Jörg und Hedda auch noch alle weiteren Mitglieder der Geheimeinheit zu der Feier eingeladen waren, war er so abgelenkt gewesen, dass er überhaupt keine Gelegenheit gehabt hatte, mit ihr ins Gespräch zu kommen. »Das lag daran, dass etwa ein halbes Jahr zuvor ihr Lebensgefährte bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen ist«, berichtete Jörg weiter. »Tragischer Unfall?«, hakte Hedda nach. »Was ist denn passiert?« »Er ist bei einem Heißluftballonflug aus dem Korb gestürzt.« »Oh mein Gott!« Enno schlug erschrocken die Hand vor den Mund. Er hatte sich in den vergangenen Monaten immer mal wieder mit der Idee beschäftigt, einen Tandem-Fallschirmsprung zu wagen, und fragte sich daher, wie es sich wohl anfühlen musste, wenn der eigene Körper aus so großer Höhe am Boden zerschellte. Hedda war hingegen gedanklich schon einen Schritt weiter. »Aber wenn es ein Unfall war und dieser zudem schon über ein Jahr her ist, was haben wir dann mit der Sache zu tun?« Jörg räusperte sich. »Ich sage ja, es ist kein offizieller Fall, sondern vielmehr eine Bitte. Rebecca hat sich in die fixe Idee verrannt, dass ihr Freund nicht versehentlich aus dem Ballon gestürzt ist. Am Anfang dachten wir, das würde sich mit der Zeit legen, doch in den letzten Monaten ist es immer schlimmer geworden.« »Fixe Idee?« Dieses Mal war es Enno, der die Worte seines Vorgesetzten wiederholte. »Du glaubst also nicht daran, dass sie mit ihrer Vermutung recht haben könnte?« Bei allem, was er im Rahmen der Mordermittlungen bereits erlebt hatte, hielt er mittlerweile nichts mehr für ausgeschlossen. Auch wenn Hedda und Enno den Leiter ihrer Geheimeinheit nicht sehen konnten, spürten sie, dass er einen Moment brauchte, um die richtigen Worte zu finden. »Ich sage euch ja auch immer, dass ihr bei eurer Arbeit stets das Undenkbare für möglich halten sollt, aber in diesem Fall bin ich mir ziemlich sicher, dass nur die Fantasie mit Rebecca durchgegangen ist«, sagte er schließlich. »Und worum willst du uns dann bitten?«, fragte Hedda. Sie schaute an Enno vorbei zu seinem Polo hinüber, in dem Rocky langsam unruhig zu werden schien. Sie mochte den Schäferhund nicht länger alleine in dem Fahrzeug lassen und wollte daher jetzt unbedingt zum Punkt kommen. »Rita macht sich große Sorgen um ihre Nichte. Ich habe ihr daher versprochen, dass ich alles versuchen werde, um Rebecca zu helfen«, platzte es plötzlich aus Jörg heraus, als könne er sich endlich ein 8 schwerwiegendes Geheimnis von der Seele reden. Dann schob er noch ein entschuldigendes »Sie denkt, dass ich einen höheren Posten bei der Polizei innehabe, und hat daher einfach nicht lockergelassen« hinterher. »Kommt erst einmal wieder richtig zu Hause an und schaut dann, so wie es bei euch passt, in den kommenden Wochen einfach mal bei ihr vorbei. Weder Rita noch Rebecca erwarten, dass ich von heute auf morgen ein Ermittlerteam vorbeischicke. Ihr zeigt ihr dann einfach eure falschen Ausweise vor, lasst euch ihre Bedenken schildern und das war es dann auch schon. Ich werde dann einige Wochen abwarten, ehe ich ihr sagen werde, dass sämtliche darauffolgenden Ermittlungen ins Leere gelaufen sind und der Tod ihres Partners daher auch nach eurer polizeilichen Überprüfung unverändert als Unfall einzustufen ist.« »Und was ist, wenn …?« Hedda brauchte den Satz nicht zu beenden. Jörg wusste auch so, worauf seine junge Ermittlerin hinauswollte. »Solltest du das ›Gefühl‹ …«, er betonte das letzte Wort so wie immer, wenn er über Heddas vermeintlich übersinnliche Fähigkeiten im Zusammenhang mit dem Tod sprach, »… haben, dass an Rebeccas Version irgendetwas dran sein könnte, kann ich hinterher immer noch entscheiden, dass aus meiner privaten Bitte eben doch noch ein offizieller Fall für unsere Geheimeinheit wird.«
2. Kapitel
Onkel Jörg
12. September
Seit dem Telefonat mit Jörg waren schon einige Wochen vergangen. Da der Geheimdienstleiter ihnen dabei den Eindruck vermittelt hatte, dass es mehr um einen Freundschaftsdienst als um einen neuen Fall gehen würde, hatten Hedda und Enno sich die angebotene Zeit genommen, um sich zunächst anderen Aufgaben zu widmen. Auch Rocky zuliebe wollten sie es ruhiger angehen lassen. Der ehemalige Polizeispürhund hatte erst vor Kurzem sein Herrchen verloren und musste bereits kurz nach seinem Einzug in Wilhelmshaven aus ermittlungstechnischen Gründen mit Hedda und Enno vorübergehend nach Weener ziehen. »Meinst du, Rebecca erkennt uns wieder?«, fragte Hedda ihren Mann. »Keine Ahnung«, antwortete Enno und zuckte dabei leicht mit den Schultern. Er saß hinter dem Steuer seines Polos und konzentrierte sich auf den Verkehr. »Aber selbst wenn, wir haben uns auf Jörgs Geburtstag doch ohnehin als seine Kollegen vorgestellt. Dementsprechend dürfte sie nicht argwöhnisch werden, wenn sie uns gleich als ermittelnde Beamte kennenlernt.« Wenige Minuten später parkte er seinen Wagen vor einem Mehrfamilienhaus in Wittmund. Er stieg aus und befreite auch Rocky, der die ganze Fahrt über brav auf der Rückbank gelegen hatte. »Wir brauchen ein größeres Auto«, sagte Hedda, die lächelnd dabei zusah, wie Rocky schwanzwedelnd die unbekannte Umgebung erkundete. Enno brummte nachdenklich. Sein Polo war wirklich in die Jahre gekommen, erfüllte aber dennoch Tag für Tag treu seinen Dienst. Er tat sich aber nicht nur deshalb schwer, das Fahrzeug gegen ein neueres und vor allem größeres Modell zu ersetzen. Auch der Umwelt zuliebe wollte er eigentlich kein unnötig großes Auto fahren, das dementsprechend auch viel Treibstoff schluckte. Und dann war da ja auch noch Rockys Alter. Der Rüde war bereits zehn Jahre alt, die durchschnittliche Lebenserwartung seiner Rasse lag bei zwölf Jahren. Wenn sie Pech hatten, würde sich die Anschaffung eines Kombis also nur kurzzeitig bezahlt machen.
»Jetzt sag nicht, du denkst schon wieder darüber nach, wie lange Rocky noch bei uns ist«, reagierte Hedda vorwurfsvoll auf das Schweigen ihres Mannes. Die Sinnhaftigkeit eines Fahrzeugwechsels war in den vergangenen Wochen immer mal wieder Thema bei ihnen gewesen und Hedda mochte die nüchterne Art, mit der ihr Mann die Sache betrachtete, überhaupt nicht. Sie wollte einfach hoffen, dass der treue Vierbeiner noch möglichst lange Teil ihrer kleinen Familie sein würde, und sich daher nicht heute schon Gedanken über sein Ableben machen. »Lass uns nicht jetzt darüber reden«, schlug Enno vor und schaute demonstrativ zum Eingang des Mehrfamilienhauses, in dem Rebecca wohnte. Hedda signalisierte ihm nickend ihre Zustimmung. Doch ihre restliche Körpersprache zeigte ebenso deutlich, dass es ihr nicht gefiel, dass sie hinsichtlich dieser Entscheidung noch immer keinen Konsens gefunden hatten. Sie rief Rocky zu sich und leinte ihn an. Enno drückte auf den Klingelknopf, wartete kurz, bis Rebeccas Stimme aus der Gegensprechanlage ertönte, und kündigte Hedda und sich an. Da sie das Treffen im Vorfeld bereits telefonisch abgesprochen hatten, wussten sie auch, dass Rebecca kein Problem damit hatte, dass Rocky bei dem Treffen dabei war. Gemeinsam mit dem Schäferhund erklommen sie die Treppen bis zum zweiten Stock, wo ihre Verabredung bereits auf sie wartete. »Moin!«, begrüßte Rebecca die beiden vermeintlichen Polizisten. Sie war Anfang dreißig, hatte dunkle, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundene Haare und einen schmalen, fast schon hageren Körperbau. Die rechte Schulter sowie der komplette Oberarm waren mit Tattoos bedeckt. In beiden Ohren trug sie Tunnel, deren Löcher ungefähr einen Durchmesser von zwei Zentimetern hatten. Ihren linken Nasenflügel zierte ein dezentes Piercing, und auch in der Zunge glaubte Hedda, ein vergleichbares Schmuckstück ausgemacht zu haben. Rebecca ging in die Hocke, um Rocky ausgiebig zu kraulen. Bei dem Anblick ging Hedda das Herz auf. Ritas Nichte schien eine echte Tierfreundin zu sein. Auch Rocky machte den Eindruck, als würde er die junge Frau mögen. Schwanzwedelnd genoss er ihre Streicheleinheit. Die beiden so zusammen zu sehen, verstärkte den auf Hedda lastenden Druck, der unglücklichen jungen Frau irgendwie zu helfen. Einerseits hoffte sie natürlich, dass ihr Lebensgefährte nicht ermordet worden war, andererseits wollte sie ihr aber auch gerne das Gefühl nehmen, dass etwas mit dem Tod ihres Partners nicht stimmte. Und da sie absolut nicht von der Unfalltheorie zu überzeugen war, war die Überführung eines Mörders in dieser Hinsicht wahrscheinlich die einfachere Option. Rebecca erhob sich wieder und bat die beiden Ermittler herein. Nachdem sie die Wohnungstür geschlossen hatte, ging sie voraus in die Küche. Der Tisch war bereits mit einer Teekanne und dazu passenden Tassen gedeckt. In der Mitte stand ein lecker aussehender Kuchen und auf dem Fußboden befand sich eine Porzellanschüssel mit Wasser, die für den heutigen Tag zum Hundenapf umfunktioniert worden war. »Für dich habe ich leider nichts zu fressen«, sagte Rebecca und schaute Rocky dabei bedauernd an. »Das macht nichts«, beruhigte Hedda sie. »Er hat zu Hause erst gefressen und abgesehen davon haben wir immer ein paar Leckerchen dabei.« Rebecca lächelte, ging abermals in die Hocke und streichelte den vor Aufregung hechelnden Vierbeiner. Sie hatte plötzlich Tränen in den Augen, die sie zu verbergen versuchte, indem sie ihren Kopf an den Hals des Schäferhundes presste. »Entschuldigen Sie bitte«, sagte sie schließlich, nachdem ihr Tränenfluss nicht versiegen wollte. Sie zog ein Taschentuch aus ihrer Jeans und tupfte sich die Feuchtigkeit von den Wangen. »Ich habe so lange auf diesen Moment gewartet. Die aufgestaute Anspannung muss wohl erst einmal raus.« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Dafür haben wir vollstes Verständnis«, sagte Enno. »Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen.« Einige Minuten später saßen sie zu dritt an dem kleinen Küchentisch und tranken gemeinsam Tee, während Rocky sich auf dem laminierten Fußboden lang ausgestreckt hatte. Der Höflichkeit halber hatten sie ein paar Minuten lang Smalltalk über die besten Freunde des Menschen und die Tierwelt im Allgemeinen geführt, doch die ganze Zeit über lag der eigentliche Grund des Zusammenkommens wie ein unsichtbarer Schleier in der Luft. »Und Sie arbeiten also in Jörgs Abteilung?«, fragte Rebecca, um das Gespräch endlich in die entscheidende Richtung zu lenken. Hedda und Enno nickten bloß. Sie wollten so wenig wie möglich zu ihrer Tätigkeit sagen, um möglichst gar nicht oder eben nur so viel wie nötig lügen zu müssen. Sollte Ritas Nichte dennoch konkretere Nachfragen stellen, konnten sie ihr ja auf gar keinen Fall erzählen, dass sie Mitglieder einer geheimen Spezialeinheit waren, die direkt dem Bundesinnenministerium unterstellt war und die sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zwar an geltenden Gesetzen orientierte, diese bei Bedarf aber auch ein wenig anders interpretieren durfte. Aber Rebecca fragte zum Glück nicht weiter nach und kam stattdessen sofort auf ihren verstorbenen Lebensgefährten zu sprechen. »Und mein Onkel …« Sie stockte, als sie bemerkte, dass Jörg diesen Verwandtschaftsgrad noch nicht offiziell erworben hatte. Ihre Tante und er waren zwar schon seit über zwei Jahren ein Paar, geheiratet hatten sie aber noch nicht. »Sorry, ich habe ihn anfänglich aus Spaß so genannt und bin dann einfach dabei geblieben«, erklärte sie den beiden vermeintlichen Polizeibeamten ihre nicht ganz korrekte Wortwahl. »Kein Problem«, schmunzelte Enno. »Wir wissen ja, wen Sie meinen.« Auch Rebecca musste kurz lächeln. Ihre Mimik ließ aber schon im nächsten Augenblick erkennen, wie angespannt sie eigentlich war. »Also Jörg hat Sie …« Wieder stockte sie und schaute ihre Gesprächspartner kurz an. Jetzt war es Hedda, die ein Lächeln aufsetzte. »Wir sind ungefähr im gleichen Alter und kennen beide Onkel Jörg sehr gut«, begann sie zu scherzen. Dann wurde ihr Tonfall wieder ernster. »Unser Gesprächsthema ist schwer genug, ich denke, das lockere ›Du‹ könnte da hilfreich sein. Ich bin Hedda und neben mir sitzt mein Mann Enno.« »Ach, ihr …«, Rebeccas Zeigefinger sprang wie ein Pingpongball zwischen den beiden Ermittlern hin und her, »… seid verheiratet.« Enno wusste nicht, ob seine Frau diese Information absichtlich oder unbedacht preisgegeben hatte. Darum ergänzte er: »Wie haben uns bei der Arbeit kennen und lieben gelernt.« Rebecca zog erneut ihr Taschentuch aus der Hosentasche und tupfte sich eine Träne weg. »Sorry«, entschuldigte sie sich schon wieder. »Jens und ich wollten auch heiraten.« Sie schluchzte. Im selben Augenblick ließ ein herzzerreißender Schrei, der aus dem Nebenraum zu kommen schien, die beiden Ermittler zusammenzucken.